Mit Jurassic World: Die Wiedergeburt kehrt das wohl berühmteste Dinosaurier-Franchise der Filmgeschichte zurück auf die große Leinwand – und zwar mit vielen Ambitionen, aber wenig Risiko. Fünf Jahre nach dem letzten, viel kritisierten Teil wagt Universal Pictures einen Soft-Reboot: Neues Team, neue Figuren, neue Insel. Nur die Grundformel bleibt altbekannt.
Schon die Entstehungsgeschichte ist bemerkenswert: Nach dem enttäuschenden Abschluss der letzten Trilogie setzte Universal alles daran, das Franchise mit Tempo neu zu starten. Ein bereits fertiges Drehbuch, prominente Castings (Scarlett Johansson, Mahershala Ali, Jonathan Bailey, Rupert Friend) und Gareth Edwards als Regisseur sollten frischen Wind bringen. David Koepp, Autor des Originals, wurde zurück ins Boot geholt - ein klarer Versuch, wieder mehr Spielbergschen Geist in die Saga zu bringen.
Die Handlung siedelt den Film fünf Jahre nach den Ereignissen von "Ein neues Zeitalter" an, verzichtet aber weitgehend auf Vorkenntnisse und setzt auf ein gänzlich neues Figurenensemble. Die Menschheit hat sich größtenteils wieder von den Dinosauriern zurückgezogen, die nur noch auf einigen wenigen, schwer zugänglichen Inseln rund um den Äquator überleben. Ein Pharmakonzern wittert das große Geschäft: Im Blut dreier riesiger Saurier soll ein Heilmittel stecken, das Menschenleben retten und Profit einbringen könnte. Also entsendet man ein Team aus Söldnern, Wissenschaftlern und Konzernvertretern in ein neues, abgelegenes Dino-Territorium, das sich bald als tödliche Falle entpuppt.
Neue Gesichter, alte Formeln
Dass Jurassic World: Die Wiedergeburt komplett neue Hauptfiguren etabliert, ist zunächst positiv, doch wirklich nutzen kann das Drehbuch diesen Ansatz nicht. Scarlett Johansson als Undercover-Spezialistin Zora Bennett, Mahershala Ali als Sidekick Duncan Kincaid und Jonathan Bailey als Paläontologe Loomis sind zwar namhaft besetzt, bleiben aber weitgehend schablonenhaft und entwickeln kaum echte Dynamik. Statt Charakterentwicklung gibt es funktionale Rollenverteilung: Die taffe Söldnerin, der vorsichtige Wissenschaftler, der moralisch fragwürdige Pharmaboss, alles ist da, aber wenig davon bleibt hängen. Auch eine zufällig gestrandete Familie dient nur als weiteres emotionales Vehikel und sorgt allenfalls für den erwartbaren Familienaspekt.
Zwar stimmt die Chemie in einzelnen Momenten, vor allem zwischen Johansson und Ali, doch insgesamt bleibt alles zu sehr auf Oberfläche und Zweckmäßigkeit ausgerichtet. Auch die Dialoge beschränken sich meist auf Expositionsaustausch oder kurze Erklärungen zur jeweils nächsten Gefahr, echte Nähe, Tiefe oder humorvolle Eigenständigkeit entstehen kaum. Damit erbt der Film ein zentrales Problem der letzten Teile: Die Saurier sind die eigentlichen Stars, die Menschen Staffage.
Altbekanntes Abenteuerkino mit frischen Schauwerten
Optisch macht Regisseur Gareth Edwards vieles richtig. Er setzt, wie schon in Rogue One oder The Creator, auf echte Drehorte, atmosphärisches Setdesign, viel Dschungel, Nebel und klassische Abenteuerfilm-Vibes. Gerade im Vergleich zu den digital überfrachteten Vorgängern ist das eine angenehme Rückkehr zu handgemachter Wirkung und etwas rauerer Textur. Auch die Spezialeffekte sind meist überzeugend, einzelne CGI-Ausreißer (vor allem bei Flugsauriern und Hintergründen) trüben das Bild aber punktuell.
Atmosphärisch gibt es einige gelungene Setpieces: Der Mosasaurus als Wasserungeheuer sorgt für echte Spannung, ebenso eine von Der weiße Hai inspirierte Schlauchbootszene. Auch die Monster-Showdowns im dritten Akt sind solide choreografiert, ohne in reines Effektgewitter abzugleiten. Besonders die Mischung aus verschiedenen Saurierarten, das Spiel mit Größenverhältnissen und ein Hauch Horror machen phasenweise Spaß. Leider fehlen wirklich neue Impulse: Die meisten Szenen sind starke Variationen oder direkte Zitate früherer Jurassic-Park-Momente – von der Herdenbegegnung im Tal bis zu Angriffen im Nebel und den unvermeidlichen Labormutationen.
Auf der Strecke bleibt hier jedoch die Faszination für Dinosaurier, wo der erste Teil der Serie bis heute unerreichbar geblieben ist. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse (etwa zur echten Gestalt des Spinosaurus) werden zwar angerissen, aber nicht stringent umgesetzt. Das gilt auch für moralische und ökologische Fragen, die zwar angesprochen, aber nie zu Ende gedacht werden: Klimawandel als Hintergrund, der Raubbau an der Natur und der ewige Drang nach Profit, alles bleibt Behauptung, selten Substanz.
Nostalgie, Meta-Gags und Identitätskrise
Ein zentrales Problem bleibt die mutlose Orientierung an der eigenen Geschichte. Statt einen radikalen Neuanfang zu wagen, setzt Jurassic World: Die Wiedergeburt auf Nostalgie, bekannte Motive und Meta-Anspielungen. Immer wieder werden Szenen, Einstellungen oder Musikzitate aus dem Original aufgerufen, mal als Hommage, mal als Fanservice, manchmal fast als Parodie. Einzelne Dialoge und Handlungsschritte wirken, als hätten die Figuren selbst begriffen, dass sie nur Mittel zum Zweck sind. Nebendarsteller im eigenen Franchise, Snacks für die Dinos.
Auch der Versuch, durch den Titel Wiedergeburt (Rebirth) neue Wege anzudeuten, bleibt letztlich Marketing. Es geht weniger um Innovation als um solide Fortsetzung der eigenen Mythologie. Jurassic World: Die Wiedergeburt ist mehr Remix als Neuerfindung, ein Kinoevent, das großen Respekt für Spielbergs Erbe beweist, aber sich kaum traut, eine eigene Handschrift zu entwickeln.
Fazit
Trotzdem bleibt ein bitterer Beigeschmack. Denn so unterhaltsam die Wiedergeburt stellenweise ist, so wenig traut sich der Film, das Franchise wirklich weiterzuentwickeln. Die Geschichte hangelt sich an vertrauten Motiven entlang, die emotionalen und moralischen Fragen bleiben oberflächlich, und ikonische Momente wie einst beim ersten Jurassic Park sucht man vergebens. Die ambitionierte Inszenierung kann die Schwächen im Drehbuch und bei der Figurenzeichnung nicht komplett überdecken. Am Ende bleibt ein Film, der für Fans der Reihe ein sympathisches Wiedersehen mit alten Stärken bietet, aber auch zeigt, wie schwer es ist, den Zauber der Vergangenheit wirklich neu zu entfachen. Jurassic World: Die Wiedergeburt ist solide Popcorn-Unterhaltung – mehr aber leider nicht.
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